WISSENSWERTES
DIE TECHNIK DER MALEREI - SCHON GEWUSST?
"Technik kann jeder Schafskopf haben, kann jeder lernen." Zitat von Arnold Böcklin
Pigmentos informativer Leitfaden über die Techniken und Materialien der Malerei. Ein "Must" für Kunststudenten und jeden Künstler, aber auch für Wissens-Sammler.
Der Verfasser ist dankbar für Vorschläge oder Hinweise, die helfen, diese Seiten noch nützlicher und informativer für Sie zu gestalten. Jeder kann mit seinem Wissen beitragen.
EINLEITUNG
Das Vorbild der Meister nötigt ihren Nachfolgern keinen Stil, keine Ordnung, keine feste Form auf. Ist jemand auf dem einen Weg zum Erfolg gelangt, kann ihn ein anderer auf einem anderen Weg erreichen. Eine einzige Bedingung nur ist unerläßlich: Der gewählte Weg muß für das ganze Werk verpflichtend sein... Hippolyte Taine in "Philosophie de l´art" (1882)
Kapitel: RÖTEL
Der Theleyer Rötel
Nachstehend abgebildete Theleyer Rötelknollen und Rötelstifte sind ein Geschenk an Pigmento. Vermittelt durch Kunstmalerin RoseMarie Pfortner-Jenal, ausgegraben, fachmännisch zugeschnitten und freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Rötel-Fachexperten Werner Peter (fundiertes Wissen ist Grundlage für seine umfangreiche und einzigartige Rötelsammlung) inTheley/Saarland. Beiden gilt mein Dank.
Theleyer Rötelknollen
Theleyer Rötelstifte in herrlichen Farbnuancen
INFORMATIONEN ZUM THELEYER RÖTEL
Der Rötel ist eines der ältesten vom Menschen verwendeten Materialien. Da er nur selten, ja sehr selten vorkommt, bringen die Lehrbücher der allgemeinen Geologie kaum etwas über dieses merkwürdige, weiche Gestein.
Was ist Rötel?
Rötel ist ein stark eisenoxydhaltiger roter Ton und eine Bildung der Perm-Formation. Rötel findet sich in Saarland im Unteren Rotliegenden der oberen Kuseler Schichten. Die Permzeit ist die Formation, die vor ca. 250 Millionen Jahren dem Kohlenzeitalter folgte.
Rötel besitzt eine natürliche Festigkeit, fühlt sich demgemäß fettig an, haftet gut auf Papier, Holz und Gewebe und ist wasserabweisend. Rötelspuren oder auch entsprechende Anstriche werden durch Feuchtigkeit nur noch dauerhafter. Rötel enthält bis zu 32 % Eisen bzw. Eisenoxyd, wovon die rote Farbe herrührt.
Rötelgewinnung
Rötel findet sich in Schichten, Flözen und sogenannten "Nestern" und wurde größtenteils im Tagebau gewonnen. Hierzu wurden 2-3 Meter tiefe Kaulen ausgehoben, die, sobald sie unten an der Sohle nach allen Seiten hin "ausgeraubt" waren, wieder zugeschüttet wurden.
Die Verwendung des Rötels
Rötel wurde bereits vor ca. 30.000 Jahren von den Höhlenbewohnern in Nordspanien und Südfrankreich (Altamira, Lascaux, Pech-Merle) für die Höhlenmalereien verwendet.
Mit Rentierfett vermischter Rötel diente erwiesenermaßen bereits den Urmenschen zur Körperbemalung.
Die Griechen - zur Zeit Homers - schützten das dem Wasser ausgesetzte Holz ihrer Schiffe mit Rötelfarbe.
Bei den Römern wurden zur Zeit Marcus Pontius Cato die Häuser mit Kreide getüncht und mit Rötel verschönert (Türpfosten, Deckenbalken, Fenster- und Türstürze). Auch nutzten die römischen Töpfer den Rötel zur Herstellung ihrer "Terra sigillata".
Gemahlen und mit Wasser gemischt, gebrauchten die Zimmerleute schon früh den Rötel, um die Schnüre hineinzutauchen, mit denen sie dann auf en zu behauenden Balken die entsprechenden Linien anbrachten.
Die Bauern zeichneten ihre Schweine und Schafe sowie ihre Frucht- und Mehlsäcke mit Rötel.
Größere Mengen Rötel fanden stets Verwendung beim Bestreichen von Türen, Fenstern und Häusern (Mischungen aus Rötel mit Wasser und Öl).
Die Schiffsbauer an der Kanal- und Mittelmeerküste stellten mit Rötel gut haftende und gegen Meerwasser unempfindliche Anstriche für die Holzplanken ihrer Schiffe her. Sie waren lange die besten und treuesten Kunden der Rötelkrämer.
Maler und Zeichner tönten den Rötel durch Zusatz von Füllmitteln wie Gips, Schlämmkreide oder Schwerspat ab und stellten daraus weiche Zeichenstifte aller Schattierungen her.
Rötel - mit Honig vermischt - wurde lange gegen die sogenannte "Mundfäule" (Herpes) empfohlen.
Der Rötel in der Kunst
Ab Mitte des 15. Jahrhunderts fand Rötel dann langsam als Mal- und Zeichenmittel Verwendung. Den Durchbruch schreibt man Leonardo da Vinci zu, der kurz vor 1500, nämlich mit den Entwürfen zum Reiterdenkmal des Francesco Sforza und zum "Abendmahl", zwischen 1442 und 1499, die frühesten Beispiele schuf. Die bekannteste von ihm geschaffene Rötelzeichnung ist sein berühmtes Selbstbildnis von 1510. Leonardo da Vinci, Selbstbildnis
Andere große Meister, die den Rötel bevorzugten, waren Michelangelo, Raffael, Corregio, Armenini, Cennini (er spricht von Amatito = Blutstein), Imperto (er spricht von "Grafio rosso"), Fra Bartolomeo, Andrea del Sarto, Carraci sowie Jordaens und Rubens in den Niederlanden bzw. Freminet, Clouet, Watteau und Robert in Frankreich.
In der jüngeren Vergangenheit waren es dann vor allem Bonnard, Maillol, Monet und Kokoschka, die oft und gerne zum Rötelstift und zum Rötelpulver griffen, obwohl zum Ende des vergangenen Jahrhunderts der neuentdeckte Bleistift und die neuen chemischen Farben den Rötel doch sehr stark aus der Kunst verdrängt hatten.
Theley/Saarland
Johann-Adams-Mühle
Foto-Ansicht Theley anno 1990
Originalfoto freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Rötel-Fachexperten Werner Peter
Theley Ansicht vom Schaumberg
Theley liegt im nördlichen Saarland und ist mit einer Fläche von 16,93 km² und 3.328 Einwohnern (Stand: 29. Januar 2010) das größte Dorf in der Gemeinde Tholey am Fuße des Schaumberges.
Der Theleyer Rötel gehört zu den Mineralfarben und besteht aus einer weichen Mischung von Ton und Hämatit, (Fe2O3), einem Eisenoxydmineral.
Rötel ist ein Tonstein, der vom Roteisen rotbraun getönt, sehr feinerdig, stark abfärbend und schreibend ist. Er kommt in den oberen Schichten der Kuseler- und Tholeyer Schichten vor und war ursprünglich ein zarter bituminöser Schieferton. Die genannten Schichten sind stark Wasser führend. Wasser brachte auch das fein verteilte Eisenoxyd in die tiefer liegenden dünnen Tonschieferlagen. Sie durchsetzten sie mit rotbraunem Eisenoxyd, das die so wertvolle Färbung verursachte. Der Rötel wurde hauptsächlich in der Gemarkung Theley gewonnen. Die jahrhunderte alte Theleyer Rötelgräbertradition endete im Jahre 1938.
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Weitere Verweise Jaap den Hollander
Michael J. Masata alias Pigmento
Frei denkend - frei schaffend
AKT & PORTRAIT
Zyklus Körperwelten
Titel: "Seitenblicke"
Subtitel: "Auch schiefe Blicke haben Perspektive"
2008, 29,7 x 21 cm, Schwarzstein-, Rötelstift auf Papier
Mitglied der Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Österreichs