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Who the Fuck Is Pigmento?
Spirit of a Dual Nature

Pointierte Erzählungen, Anekdoten statt Fakten

 

Kapitel 19 Skiathos

Skiathos ist eine malerische, griechische Insel in der Ägäis. Sie ist bekannt für ihre Strände und das lebhafte Nachtleben. „Einladungen erhalten die Freundschaft“. Diesem Motto folgend, hatte ich mich zu einem mehrtägigen Aufenthalt auf Skiathos einladen lassen. Höchste Zeit ist’s! Reise, reise! Die Reisegruppe stand fest. Fünf Mann hoch. Allesamt Mitarbeiter des mittleren Managements eines Wiener Kommunalbetriebes. Also ein Betriebsausflug von Seminarteilnehmern zur betrieblichen Fortbildung, dachten Uneingeweihte. Fehlgedacht. Die Einladung erfolgte von unserem ehemaligen Arbeitskollegen, der sich in Skiathos, nach längerer Zeit hinter schwedischen Gardinen, ein neues idyllisches Refugium eingerichtet hatte. Nächtigen, essen und trinken nach Herzenslust waren sein Part, die Kosten der Anreise hatten wir selbst zu tragen. Ein befreundeter Tankstellendiskonter undSelfmade-Milliardär hatte uns auf Dauer des Aufenthaltes auf Skiathos, seinen Learjet mit zwei Piloten kostenlos zur Verfügung gestellt. Da macht reisen wirklich Spaß. Der Landeanflug war schon etwas irre, die folgenden Tage nicht minder. Die Muskelanspannung ließ deutlich nach – nicht ohne Grund – als wir ohne Kontrolle durch den Zoll gewinkt wurden. Unser Gastgeber und sein Freund, der Polizeipräfekt von Skiathos, hatten uns feierlich empfangen. Wir wurden samt Reisegepäck – in zwei Polizeiautos! – direkt zum alten Hafen gefahren. Unser Gastgeber und der Polizeipräfekt, fuhren in einem laubfroschgrünen Trabant-Cabrio voraus. Am Hafen, der Hauptflaniermeile des Orts, reichten die Tische und Stühle von Bars und Restaurants bis auf die Gehsteige. Die griechische Gastfreundschaft ist sprichwörtlich. Fast jeder, der schon einmal in Griechenland war, hat die "filoxenía" selbst erlebt und ist begeistert von der Großzügigkeit und der Freundlichkeit der griechischen Bevölkerung. Gemeinsam essen, trinken, plaudern. Ganz einfach gesagt: „Familie sein“. Der Begrüßungstrunk hatte schon erahnen lassen, wo die Reise hingeht. Der Polizeipräfekt hatte die zwei Dienstautos samt Besatzung außer Dienst gestellt, seine Dienstmütze, Jacke und Krawatte abgelegt. Ein Zeichen für den umtriebigen Wirt, mit dem Auftischen von hausgemachten Spezialitäten zu beginnen. Alles im Überfluss. Geselligkeit beim Essen war genauso wichtig wie die Speisen selbst. Hummer, Langusten, Krustentiere, gekocht oder gegrillt. Der Retsina, ein trockener, mit Harz versetzter Weißwein war die Weinbegleitung, bis lang nach dem Sonnenuntergang mit seinem beeindruckenden Farbenspiel. Üppiges und unmäßiges Essen und Trinken ist eine Todsünde. Vor dem Zubettgehen mussten wir unbedingt noch „Einen“ drauf machen und die Füße vertreten, tunlichst mit griechischer folklore Musik. Die Philosophie des Volkstanzes ist, Leute jeden Alters, mit verschiedenen Hintergründen, zu vereinen. Die von uns konsumierten Alkoholmengen, Eiweißschock und dröhnende Köpfe waren dabei ein unüberwindbares Hindernis. Also nichts wie ab ins ersehnte Logis. Die zwei, vom besorgten Polizeipräfekten herbei befohlenen Polizeiautos, fuhren uns nach Hause. Also nichts mit dem Abschleppen einheimischer Schönheiten, die aus unseren von „gestählten“ Bauchmuskeln umringten Bauchnabeln, griechischen Sekt schlürfen würden. Lieber einen sitzen haben und nicht stehen können, als einen stehen haben und nicht… Auch ich schloss alsbald meine schläfrigen Augen und freute mich der Welt. Rausch, Suff und Katzenjammer – die Zeche bekamen wir am nächsten Morgen präsentiert. Skiathos ist reich an historischen Sehenswürdigkeiten, die wir aber bloß mit müden Augen wahrgenommen hatten. Für uns wurde es wieder bei Anbruch der Dunkelheit interessanter, da öffneten die Nachtbars und Diskotheken ihre Pforten. Wie gesagt, unsere Truppe war nicht in Sachen „Kulturtourismus“ unterwegs, um die eigene Bildung zu erweitern oder zu vertiefen. Märchenhafte Buchten und Strände, sowie das bloße Nichtstun hatten uns voll vereinnahmt. Der Roman „Griechische Passion“, eines der Hauptwerke des großen griechischen Dichters, Nikos Kazantzakis, war für mich willkommene Abwechslung. Die Zeit verflog und der Abreisetag kam immer näher. Der Abschied fiel schwer. Die Griechen feiern gerne und laut. In ausgelassener Atmosphäre wurden Teller zu unseren Füßen, als Ausdruck der Wertschätzung, geworfen. Die Freundschaft zum Polizeipräfekten und seiner Mannschaft entstand nicht bloß aufgrund eines guten Willens, oder blendender Geschenke. Man muss den Leuten nur ein bisschen verrückt vorkommen. Jeder hat seinen eigenen Urknall. Ab in die Lüfte, Heim in den grauen Alltag.

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Kapitel 19

 

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